Werkstattrisiko bei Abtretung

Werkstattrisiko: Rückforderungen der Versicherung

Als Werkstattrisiko wird der Umstand bezeichnet, dass die Reparaturkosten eines Unfallwagens, der vom Geschädigten zur Reparatur an eine Werkstatt gegeben wird, beispielsweise wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise höher ausfallen können, als das Schadensgutachten des Sachverständigen für die zu veranschlagenden Reparaturkosten ermittelt hat. Die Rechnung an den Geschädigten fällt dann höher aus als der von der Versicherung zu begleichende Betrag.

Auch für diese Kosten hat der Geschädigte Ersatzansprüche gegenüber der gegnerischen Versicherung, sofern er keine besonderen Verpflichtungen zur Auswahl einer bestimmten Werkstatt oder der Überwachung der Reparaturarbeiten missachtet hat. Eine Rechnung über eine Reparaturleistung allein ist kein Indiz für deren Notwendigkeit. Vielmehr spielt der Kenntnisstand des Geschädigten eine Rolle: Hätte er wissen können, das bestimmte Arbeiten nicht notwendig sind, hätte er sie verhindern müssen und hat somit keinen Ersatzanspruch. Doch das trifft wohl nur in den wenigsten Fälle zu. Werkstätten können sich bei notwendigen Reparaturen auf die Herstellervorgaben des Fahrzeugs berufen.

Relevante Urteile:
BGH: Az. VI ZR 308/19, 07.07.2020 (Herstellervorgaben)
BGH: Az. VI ZR 147/21, 26.04.2022 (Ersatzanspruch auf für Werkstattrisiko)

Abtretung von Schadensersatzansprüchen an die Werkstatt

Geschädigte eines Unfalls haben einen Schadensersatzanspruch gegen den Unfallverursacher, die von dessen Haftpflichtversicherung in Höhe des von einem unabhängigen Sachverständigen ausgestellten Schadensgutachtens beglichen werden muss. Allerdings versuchen Versicherungen immer, berechtigte Ansprüche zu kürzen, weswegen es im Zweifelsfall zum Gerichtsverfahren kommt.

Um die Abrechnung des Reparaturprozesses zu vereinfachen, ist es üblich, dass Geschädigte ihre Schadensersatzansprüche an ihre Werkstatt abtreten, sodass diese die Ersatzteile- und Reparaturkosten direkt der gegnerischen Versicherung in Rechnung stellen kann, anstatt dass der Geschädigte die Kosten auslegen und anschließend von der Versicherung erstattet bekommen muss. Man spricht dann von sicherungshalber Abtretung.

Dies ist aber im Falle eines Werkstattrisikos problematisch, hat der Bundesgerichtshof festgestellt, ohne aber eine verbindliche Antwort darauf zu geben, wie in solchen Fällen zu verfahren sei.

Werkstattrisiko bei sicherungsweiser Abtretung

Schwierig wird es in Fällen, in denen ein Werkstattrisiko bei sicherungsweiser Abtretung auftritt, bei der die Werkstatt dem Geschädigten die zusätzlichen Kosten in Rechnung stellt. Denn die Schadensersatzansprüche wurden zwar an die Werkstatt abgetreten, aber diese kann sich nicht selbst bezahlen. Gleichzeitig klagt ein Geschädigter, der das Werkstattrisiko von der gegnerischen Versicherung erstattet bekommen möchte, stellvertretend Ansprüche ein, die er eigentlich an die Werkstatt abgetreten hat.

Das ist auch darum problematisch, weil ein erfolgloses stellvertretendes Verfahren theoretisch zum Erlöschen der Erstattungsansprüche des Werkstattrisikos führen könnte. Oder aber die Werkstatt über die stellvertretende Einklagung des Geschädigtens Reparaturleistungen erstattet bekommt, die sie andernfalls nicht hätte einfordern können.

Es ist bisher unklar, ob dieses Urteil eine Neuregelung des Werkstattrisikos nach sich ziehen wird.

Relevante Urteile:
BGH: Az. VI ZR 147/21, 26.04.2022 (Werkstattrisiko bei sicherheitshalber Abtretung)
AG Regensburg: Az. 4 C 524/22, 12.10.2022 (in Bezug auf oberes, deutlich verständlicher)

Beitragsbild: industrieblick / AdobeStock www.stock.adobe.com

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